Magisterarbeit

Zusammenfassung der Magisterarbeit

 

Studien zur altägyptischen Bronzeproduktion unter besonderer Berücksichtigung des Fundes von Galjub (Memphis) im Roemer‐Pelizaeus‐Museum Hildesheim

 
Die Magisterarbeit beschäftigt sich vornehmlich mit dem Bronzefund von Galjub, einer Sammlung von ca. 114 Bronzegüssen, Werkzeugen und Fragmenten, welche Anfang des 20. Jahrhunderts in Galjub bei Kairo gefunden wurden.
 
Sie sollen in einem großen Tongefäß gesteckt haben, welches der Beschreibung nach nur roh gearbeitet gewesen war. Dieses Gefäß wurde im Keller eines Hauses des Dorfes Galjub ausgegraben. Leider sind die Überreste dieses Tongefäßes nicht mit in den Verkauf gekommen, so dass über die Art dieses Gefäßes nur spekuliert werden kann, denn es kann sich um eine Aufbewahrungskeramik genauso gehandelt haben, wie um einen Schmelztiegel. Dr. Wilhelm Pelizaeus erwarb die Bronzen dann kurz nach dem Fund für seine Sammlung. Laut den Unterlagen des Museums fehlt nur eine kleine Reliefdarstellung von Herakles‐Taten. Im Museum wurden die Bronzestücke gereinigt und teilweise restauriert. Albert Ippel (1885‐1960), ein Gymnasiallehrer aus Berlin und von 1940‐45 Honorarprofessor für Archäologie an der Humboldt‐Universität Berlin, dazu Schwiegersohn von Adolf Erman, befasste sich 1922 mit den Bronzen. Hierfür nutze er zum großen Teil Fotographien der Medaillons und Statuetten, statt sie persönlich zu begutachten. Seither sind einige der sehr detailreichen und faszinierenden Gussstücke Teil der Dauerausstellung des Roemer‐Pelizaeus‐Museums Hildesheim. In den vergangenen Jahren sind eine große Zahl der Bronzen dort mehrfach restauriert worden, so dass man heute um einiges mehr an Details erkennen kann, als Ippel 1922 auf den Fotos der damaligen Zeit.
 
Der erste Teil der Magisterarbeit ist ein Katalog, in welchem die Bronzen, ähnlich wie bei Ippel, beschrieben und wissenschaftlich eingeordnet werden. Hierfür wurden die Objekte zusätzlich gemessen und gewogen. Desweiteren wurden von jedem Objekt Fotographien angefertigt. Bei der Neukatalogisierung und Besprechung der Funde kamen teilweise neue Erkenntnisse und Ergebnisse hervor, welche Ippel anders oder gar nicht gesehen oder beschrieben hat. So wurden an einem Medaillon Bearbeitungsspuren gefunden (Inventarnummer 2285). Diese konnten dann einem der Werkzeuge, einem Modellierstab (Inventarnummer 2358), welcher Teil des Fundes war, zugeordnet werden. Ebenso wurden direkte Spuren des Handwerkers auf einer Bronze entdeckt. Zum Glätten der Rückseite des Wachsmodells für ein Medaillon hatte der Künstler seine Handfläche genutzt, so dass sich die Papillarlinien der Hand auf das Modell und somit auch auf die Bronze übertragen haben (Inventarnummer 2279).
 
Der gute Erhaltungszustand und die wiederholten Restaurierungen einzelner Bronzen haben auch dazu geführt, dass einige Darstellungen heute besser zu erkennen sind, als es Ippel 1922 möglich war. So interpretiert Ippel bei einer Statuette Bearbeitungsspuren wie Kratzer und kleine Wachsspäne, welche mitgegossen wurden, als Blumen und Kränze und macht damit aus einer Hore die Sommergöttin Auxo (Inventarnummer 2252). Auch muss eine von Ippel als Dionysos‐Darstellung beschriebene Medaillonbüste eher als weibliche Figur angesehen werden (Inventarnummer 2286).
 
Die Fehler bei Ippels Beschreibungen liegen größten Teils darin begründet, dass er die meisten Objekte nicht persönlich begutachten konnte, sondern sie auf Fotos (in der Qualität von 1922) betrachtete. So kann auch die Fehlbeschreibung eines der Werkzeuge (Inventarnummer 2356) erklärt werden, welches Ippel als Grabstichel ansieht, da auf dem Foto, welches auch in seiner Monographie veröffentlicht ist, eine scharfe Kante zu erkennen ist. Betrachtet man das Objekt jedoch aus einem anderen Blickwinkel, so sieht man, dass es sich nicht um eine Kante sondern um eine rechteckige Fläche handelt, was aus dem Grabstichel einen Modellierstab macht. Dieses sind nur einige Beispiele für Erkenntnisse, welche die Neukatalogisierung gebracht hat.
 
Faszinierend an dem Bronzefund ist aber nicht nur die Vielseitigkeit der Rundplastiken, Medaillons, Möbelbeschläge, Körperteile, Tier‐, Mensch‐ und Götterdarstellungen, sondern die Tatsache, dass man anhand der Bronzen zum einen den Werkprozess eines Gusses nachvollziehen kann. Ebenso ist auch an einigen Entwicklungsreihen der künstlerische Schaffensprozess zu erkennen. Und nicht zuletzt ist auch ein kultureller Wandel, das Vermischen der hellenischen und der ägyptischen Kultur im Hellenistischen Ägypten anhand der Bronzen nachzuvollziehen. Hiermit befasst sich der Textteil der Magisterarbeit.
 
Der antike Werkprozess bei der Herstellung von Bronzen beginnt mit der Herstellung eines Wachsmodells. Dieses wird mit Modellierstab und Grabstichel in Form gebracht. Modellierabdrücke, Kratzspuren und kleine Wachsspäne belegen diese Vorgehensweise. Auch wurden gerade Rundplastiken aus mehreren Teilen zusammengesetzt. Dieses kann man anhand von Verarbeitungslinien bei den Galjubbronzen erkennen. Medaillons wurden sowohl in einem Stück modelliert, auf eine Unterlage aufgetragen oder aus einem größeren Block herausgestanzt. Jeder dieser möglichen Arbeitsschritte ist bei den Güssen vertreten. Bei Medaillons wurde dann die Rückseite zusätzlich geglättet. Zum Schluss wurde ein Gusskanal an das Modell angefügt, damit später an dieser Stelle die Bronze einfließen konnte. Manche Objekte haben mehrere Gusskanäle, welche auch benötigt sind, um Lufteinschlüsse gerade bei sehr kleinen Details zu vermeiden. War das Modell fertig, wurde eine breiige Formmasse aus Ton oder Gips um das Wachs gestrichen. Je nach Größe des Gussobjektes war diese Masse innen eher fein und außen eher grobkörnig. Schließlich wurde diese Masse getrocknet oder gebrannt, wobei auch das Wachs geschmolzen wurde, welches dann herauslief und so die Gussform hinterließ.
 
Anschließend wurde das gewünschte Metall in einem Tiegel erhitzt. Dieses geschah in einem speziellen Brennofen, welcher durch Blasrohre oder Blasebälge mit zusätzlichen Sauerstoff versorgt wurde, um die nötige Schmelzhitze zu erreichen. Bronze war als Legierung aus Kupfer und Zinn in Ägypten seit ungefähr 2000 v.Chr. bekannt. Das Mischungsverhältnis ist seit dem 15. Jahrhundert v.Chr. konstant bei 85% Cu zu 12‐14% Sn. Restprozente verteilten sich auf Verunreinigungen wie Arsen, Antimon und Blei. Das Kupfer hierfür wurde vornehmlich auf der Sinai‐Halbinsel abgebaut. Da Ägypten keine eigenen Zinnvorkommen hatte, kämen als Quelle für das Element Etrurien, aber auch Persien, Spanien, Ungarn oder sogar Sachsen in Frage. Eine genaue Analyse steht hier noch aus. War die Bronze geschmolzen, wurde sie über die Gusskanäle in die Gussform eingelassen. Nachdem das Metall erkaltet war, wurde die tönerne Gussform zerschlagen. Es gab auch einige wenige wiederverwertbare Formen, allerdings befanden sich, soweit bekannt, keinerlei Formen bei den Bronzen.
 
Als letzter Arbeitsschritt wurde die Bronze nachbearbeitet. Zuerst wurden Gussnasen und Fehler ausgearbeitet. Dieser Schritt ist bei vielen Galjub‐Bronzen nicht geschehen, so dass gerade die Rundplastiken meist noch den Rest des Gusskanals aufweisen. Ippel hat dieses zu einer Spekulation über die Verwendung als Nadelköpfe hingerissen. Möglich war auch eine nachträgliche Verbindung mit anderen Materialien. So fehlten bei einigen Medaillons die Gesichter. Diese wurden vermutlich nach dem Metallguss aus Elfenbein, Edelsteinen, Holz oder anderen Metallen nach Abbild des Auftraggebers angefertigt und dann eingesetzt, so dass ein Medaillon individuell gestaltet werden konnte. Auch sind Bemalungen nicht auszuschließen, allerdings geben die Bronzen hierauf keinen Hinweis.
 
Besonders hervorzuheben ist hier eine Bronze, welche aus zwei Medaillons auf einer Grundplatte besteht und antik sowohl in zwei Teile zerhackt wurde, als auch dann antik durch Lötung mit Blei wieder zusammengesetzt wurde (Inventarnummer 2283).
 
Der künstlerische Schaffensprozess ist in den mehrfachvertretenen Objekten zu finden. Einige Bronzen sind mit leichten Variationen mehrfach anzutreffen und es gibt auch direkte Repliken eigener Stücke. Dieses kann bei einigen Medaillons durch die genaue Wiedergabe, allerdings mit verwascheneren Konturen, belegt werden. Durch Variationen nähert sich der Künstler langsam einer von ihm wohl als Idealbild angesehen Darstellung eines Bes‐Kopfes an. Ebenso ergeht es mit Tierköpfen oder einer Kybele‐Attis‐Gruppe. Gerade an letzteren Figuren sieht man die kreative Schaffensphasen. Da es sich bei den in der Magisterarbeit beschriebenen Entwicklungsreihen vornehmlich um ägyptische und vorderasiatische Darstellungen handelt, ist anzunehmen, dass der Künstler neu in diesem Kulturkreis war und sich den Marktnachfragen angepasst hat.
 
Hier ist dann auch die kulturelle Verschmelzung von mehreren Mittelmeerkulturen zu erkennen. Die dargestellte, auf einem Löwen reitende Kybele ist wohl dem Pergamon‐Altar nachempfunden. Angelehnt an dieses Motiv hat der Künstler auch eine Isis auf einem Löwen reiten lassen. Auch sind sehr oft Darstellungen von hellenistischen Göttern zu finden. Sei es eine Isis, im griechischen Gewandt, zu erkennen am Isisknoten und Sistrum, wie man es noch in römischen Darstellungen finden kann, oder ein Sarapis, vornehmlich als Medaillon im Vatergottschema mit Kalathos auf dem Kopf entworfen, die kulturellen Mischgötter sind stark vertreten. Besonders oft findet sich die Darstellung des jungen Harpokrates als Kind mit dem Kindgestus der Hand am Mund. Auch diesem Motiv hat sich der Künstler in mehreren Darstellungsweisen (als Rundplastik, freistehend und alleine, oder in Kombination mit einem Adler) genähert. Die letzte Gruppe von Rundplastiken, welche erwähnt werden sollte, sind die tanzenden Patäken. Diese Zwergwüchsigen sind paarweise in mehreren Ausführungen unter den Bronzegüssen zu finden. Herodot sagt diesen Figuren nach, dass sie zwar aus Ägypten stammen sollen (abgeleitet vom Gott Ptah) allerdings vor allem bei Phöniziern als Ruderverzierungen zu finden seien. Also liegt auch hier eine Vermischung der Kulturen vor.
 
Letztendlich wurde die Datierung des Fundkomplexes in Augenschein genommen. Sie wurde auf das frühe bis mittlere 2. Jahrhundert v.Chr. festgelegt. Auch wurde die Frage nach dem Künstler, vor allem seine Herkunft gestellt. Die einzelnen, ausgearbeiteten griechischen Darstellungen und das Herantasten an die ägyptischen lassen den Schluss zu, dass es sich bei dem Künstler nicht um einen indigenen Ägypter gehandelt hat, sondern um einen zugereisten Griechen, welcher sein Handwerk in Memphis ausüben wollte.